Sehschärfe – die ega-Filmreihe
#1 Film & HerStory
Aufbauend auf dem Filmprogramm „Shooting Women“, das im Rahmen des ega-Sommergartens 2011 zu sehen war, setzen ega und Filmarchiv Austria ihre erfolgreiche Zusammenarbeit fort. Jahresprogramme zu Frauenthemen und deren filmischer Verhandlung bringen erneut Diskurs, Diskussion und Filmvergnügen zusammen.
Am Anfang steht unter dem Titel „Film & HerStory“ die Darstellung von Frauen, Macht und Geschichte anhand von sieben ausgewählten Beispielen. Drei der Filme sind noch heuer zu sehen, vier Titel folgen im Frühjahr 2012.
Film und Geschichte
Es gilt, jetzt im Zeitalter der unausgesetzten Zumutungen vielleicht sogar mehr als zuvor, sich zur ungebrochenen Macht des Films und des Kinos zu bekennen, sich seiner Existenz, seines Lebens und eben auch seiner Lebendigkeit zu versichern. Mit einem gesunden Herzschlag von 24 Bildern pro Sekunde und einer unbändigen, chaotischen Lebensmacht wird Geschichte, dieses Oszillieren zwischen Konfrontation und Kontinuität, verfertigt und Erinnerung gestiftet. Hier (und jetzt) wird vom gelungenen Ausbruch der Künste aus der Haft der anbiedernden Repräsentation hinein in das fordernde Feld der Autonomie und Souveränität im 18. Jahrhundert gezehrt, jetzt (und hier) sollten Zäsuren nicht nur retrospektiv gefeiert, sondern auch die aktuellen Scheidewege bemerkt und anerkannt werden. Was leisten also die sechziger und siebziger Jahre des 18. und 20. Jahrhundert noch für uns? Brachte 1968 filmisch eine erneuerte Absage an klassische Erzählprinzipien und politische Instrumentalisierung, gesellschaftlich das Aufrollen normierender Verrechtlichungsstrategien und wissenschaftlich den Methodenwandel der Geisteswissenschaften, so bringt das angebrochene 21. Jahrhundert die Wiederaufnahme der immer noch unbeantworteten Fragen (zur Geschichte).
Pluralität denken
Pop und Subversion, Geschichten und Geschichte beginnen zu zirkulieren und verdeutlichen uns die Macht des Kinos. Die Kontinuität von Themen prallt auf die Perspektiven der Nachgeborenen, auf die Positionenpluralität zwischen Resignation und unausgesetztem Bemühen um das subversive Potenzial des Mediums und seiner emanzipatorischen Fähigkeiten. Die Herausforderungen des Populären, seine Wirkungsmacht und die permanenten Zähmungsversuche durch Kommerzialisierung und Vermarktung verweisen uns darauf, dass auch Klassiker populär, ja vielleicht sogar klein angefangen haben. Die Geschichte, die der Film dabei im Antreten seiner medialen Erbschaft als respektable Quelle schreibt, ist, um Jacques Rancière heranzuziehen, eine Geschichte der Macht des Geschichteschreibens. Es ist das Schreiben/Filmen einer selbständigen Historie, einer Geschichte – um Paul Nizon zu paraphrasieren –, die mit ihren Zäsuren und Frakturen allen Prognosen davonzulaufen scheint. Geschichte ist eben nicht linear, sie ist nicht glatt; vielmehr ist sie kurvenreich, von Brüchen durchzogen. Das Wie der Geschichtsschreibung, die Auseinandersetzung mit der Entwicklung der Geschichtsschreibung, führt zur auch für Film gültigen Entscheidung für Perspektive, für einen Modus. Eine Vielzahl von Wegen ist denkbar. (Mag. Thomas Ballhausen – Filmarchiv Austria)
FILMPROGRAMM „Film & HerStory“ (Oktober-Dezember 2011)
19. OKTOBER, 19:00
SOPHIE SCHOLL – DIE LETZTEN TAGE (D 2005 Regie: Marc Rothemund)
16. NOVEMBER, 19:00
MARIE ANTOINETTE (USA/F/JP 2006 Regie: Sofia Coppola)
21. DEZEMBER, 19:00
ELIZABETH (UK 1998 Regie: Shekhar Kapur)